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Auch die Schützen müssen sich für Frauen öffnen, möchten sie den Gemeinnützigkeitsstatus halten.

Resuliterend aus BFH-Urteil zur Loge vom 17.5.2017, V R 52/15.

Aus gegebenen Anlass einer konkreten Mandatsanfrage in meiner Kanzlei Jackwerth.

Ausführungen aus Deutscher Bundestag, wissenschaftliche Dienste:

"Mit Urteil vom 17.5.20171 hat der BFH die Ablehnung der Gemeinnützigkeit für eine Freimaurerloge bestätigt, die in ihrer Satzung die Mitgliedschaftsrechte nur Männern einräumte. Der BFH sah in dem Ausschluss von Frauen von der Mitgliedschaft in der Freimaurerloge das Kriterium der Allgemeinheit des § 52 Absatz 1 Satz 1 AO verletzt.

Zur Begründung verwies der BFH auf das Kriterium der “Allgemeinheit“ im § 52 Absatz 1 Satz 1 AO: „Bei dem Tatbestandsmerkmal einer Förderung der “Allgemeinheit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Gehalt wesentlich geprägt wird durch die objektive Werteordnung, wie sie insbesondere im Grundrechtskatalog der Art. 1 bis 19 GG zum Ausdruck kommt. Eine Tätigkeit, die mit diesen Wertvorstellungen nicht vereinbar ist, ist keine Förderung der Allgemeinheit.“2

„Als Förderung der Allgemeinheit sind daher solche Bestrebungen nicht anzuerkennen, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland oder gegen verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten richten. Gleiches gilt für einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Ein Verein, der entgegen Artikel 3 Absatz 3 GG die wesensmäßige Gleichheit aller Menschen in Abrede stellt, ist daher mangels Förderung der Allgemeinheit nicht als gemeinnützig einzustufen.“3

Die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes für Mann und Frau gemäß Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz (GG) durch die Versagung der Mitgliedschaftsrechte für ein Geschlecht, führt somit zu dem Ergebnis, dass Vereine mit derartigen Satzungsregelungen nicht der Allgemeinheit dienen und damit nicht gemeinnützig im Sinne des § 52 AO sein können.

In 2.2 wird weiter ausgeführt:

Die Entscheidung ist in ihren tragenden Gründen auf Schützenvereine übertragbar, denn es ist kein zwingender Grund im Interesse einer männerspezifischen Problemlösung erkennbar, der den Ausschluss von Frauen aus dem Mitgliederkreis von Schützenvereinen erfordern würde.

Das BFH-Urteil entfaltet unmittelbare Rechtskraft nur zwischen den am finanzgerichtlichen Ver-fahren Beteiligten, § 110 Absatz 1 Nummer 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) – hier der klagenden Freimaurerloge und dem beklagten Finanzamt.

Wie die Steuerverwaltung und die Finanzgerichte auf eine faktische Begrenzung der Mitglied-schaft auf ein Geschlecht ohne entsprechende Satzungsregelung reagieren würden, kann nur prognostisch beurteilt werden. Vorausgesetzt, eine derartige Praxis würde beispielsweise bei ei-ner Betriebsprüfung auffallen, so wäre ein entsprechendes Verfahren zur Aberkennung der Ge-meinnützigkeit auch hier grundsätzlich denkbar. Darauf weist auch § 60a Absatz 4 AO explizit hin: „Tritt bei den für die Feststellung erheblichen Verhältnissen eine Änderung ein, ist die Fest-stellung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.“ Die Pflicht zum satzungskonformen Verhalten gilt gemäß § 63 Absatz 1 AO auch für die faktische Geschäfts-führung. "Die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft muss auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen ent-sprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält.“

Fraglich ist, ob mittels einer Gesetzesänderung in § 52 Absatz 2 AO die Gemeinnützigkeit für Vereine, die nur ein Geschlecht aufnehmen, ermöglicht werden könnte.

Der Gesetzgeber ist an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden, Artikel 20 Absatz 3 GG.

Eine Ergänzung des Gesetzeswortlauts in § 52 Absatz 2 AO um einen Passus, der Vereinen die Gemeinnützigkeit belässt, auch wenn sie ein Geschlecht vom Mitgliedschaftsrecht ausschließen, müsste u.a. einer verfassungsrechtlichen Überprüfung anhand der Grundrechtsbetroffenheit Stand halten.

Es käme somit für diese Neuregelung ebenfalls der Gleichheitsgrundsatz zwischen Mann und Frau des Artikel 3 Absatz 3 GG zur Anwendung. Eine pauschale Gestattung des Ausschlusses ei-nes Geschlechts vom Mitgliedschaftsrecht im Rahmen der Gemeinnützigkeitsanforderungen würde eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen darstellen. Diese gesetzliche Un-gleichbehandlung wäre ebenfalls nur unter den strengen Kriterien, die der BFH bereits in seiner o.g. Entscheidung geprüft hat, gerechtfertigt: ein zwingender Grund zur geschlechtsspezifischen Problemlösung oder um einen schonenden Ausgleich mit kollidierendem Verfassungsrecht (prak-tische Konkordanz) zu erreichen.

Auch für eine gesetzliche Ungleichbehandlung fehlt es an einem derartig zwingenden Grund. Die hier genannten Vereine können ihre bisherigen Tätigkeiten und Vereinszwecke in gleicher Güte und Umfang ausüben, wenn beide Geschlechter als Vereinsmitglieder aufgenommen werden würden. Das Mitgliedschaftsrecht kraft Satzung ist nicht gleichbedeutend mit einem Anrecht auf identische Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche im alltäglichen Vereinsleben."

Ich kann nur dazu raten, die Satzungsformulierungen noch einmal zu überarbeiten.

Foto Uschi Dreiucker - Pixelio.de

Ausführungen in diesem Artikel sind wörtlich übernommen aus: Deutscher Bundestag - Wissenschaftliche Dienste vom 30.8.2017 - WD 4 3000 069/17