BVerfG erkennt grundsätzlich Street Photography als Kunstform an, März 2018

Allerdings wirft die am 25.5.2018 greifende DSGVO schon wieder neue Fragen auf.

Was war entschieden worden? Seit 2015 ist vor dem Bundesverfassungsgericht eine Klage des Fotografen Espen Eichöfer anhängig. Er klagt gegen ein Urteil des Berliner Kammergerichtes, da dieses bei Rechtswirksamkeit erhebliche Auswirkungen auf die Street Photography habe. Das Urteil des BVerfG vom März 2018 stellt nun klar, dass grundsätzlich die Street Photography als Kunstform anzuerkennen ist.
Das BVerfG fordert hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte von im öffentlichen Raum aufgenommen Personen ohne deren Zustimmung ein zusätzliches Belastungsmoment für den Abgebildeten. Nur dann wäre eine derart starke Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts gegeben, um ein Verbot zu begründen. Nur die bloße Abbildung auf der Straße allein hält es dagegen nicht für ausreichend.
Mit dem Urteil des BVerfG wird der Charakter der Street Photography gestärkt, die grundsätzliche künstlerische Freiheit des Künstlers unterstrichen. Die grundsätzlichen Erwägungen zum Bereich der Persönlichkeitsrechte bleiben hierbei natürlich unangetastet: keine Verächtlichmachung, Preisgabe der Lächerlichkeit oder gar Intimsphären-Verletzung dürfen hervortreten. Der Fotograf muss somit immer mit der gewissen Sorgfalt arbeiten.
Was war passiert? Das Landgericht Berlin verurteilte Fotograf Espen Eichhörner, http://www.espen-eichhoefer.de, und dessen C/O Galerie zur Tragung von Abmahnkosten.
Abmahnkosten sind von der abgemahnten Person aber nur zu zahlen, wenn der damit geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht. Das Landgericht hatte somit als Vorfrage zu klären, ob die Veröffentlichung des Fotos durch Espen Eichhöfer bzw. dessen Galerie das Recht der Klägerin am eigenen Bild verletzte.
Dieses bejahte das Landgericht - der Unterlassungsanspruch: die öffentliche Darstellung einer völlig unbekannten Person bei alltäglichen privaten Dingen, wie Einkaufen stellt einen erheblichen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht/Recht am eigenen Bild dar.
Der Fotograf Eichhöfer, Mitglied der Agentur "Ostkreuz", fotografierte für eine Ausstellung über Berlin- Charlottenburg Passanten vor dem Bahnhof Zoo. Als Foto bannte er eine Frau im auffälligen Leopardenmantel samt Einkaufstüten, die eilig auf ihn zukommt, als typische Berliner Straßenszene. Das Bild wurde - ohne die Frau um Zustimmung zu fragen - im Rahmen der Fotoausstellung "OSTKREUZ. Westwärts" von der Galerie C/O Berlin vor dem Ausstellungshaus auf der Straße und somit im öffentlichen Raum ausgestellt.
Einen Anspruch auf Zahlung von zusätzlich Schmerzensgeld lehnte das Landgericht Berlin jedoch ab (LG Berlin, Urteil vom 03.06.2014, Az.: 27 O 56/14).
Das BVerfG hat nun bestätigt, dass die ungestellte Abbildung von Personen ohne vorherige Einwilligung, klassisch bei der Street Photography, grundsätzlich möglich ist. Es bleibt dabei immer eine Frage des Einzelfalls, ob der Kunstfreiheit oder dem Persönlichkeitsrecht Vorrang zu gewähren ist.

Alles jetzt klar? Nein, denn die DSGVO gilt ab 25.5.2018.

Die anstehende Geltung der eu-weit gültigen DSGVO wird die Abwägung etwas verschärfen, da in Zukunft die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann. Aber auch 22 KUG hat immer schon klargestellt, wann eine Einwilligung des Abgebildeten notwendig war.

Im Umkehrschluß muss dann jede Person eine Einwilligung iSd DSGVO erteilen, es sei denn sie ist erkennbar "nur Beiwerk im Foto und nicht frontal gut erkennbar oder hat sich sogar bewußt isn Bild gerückt", sodass eine konkludente Einwilligung anzunehmen ist.

Wie soll das gehen bei einem Klick auf ein Straßenbild? Viele EU-Länder haben für diesen Fall Ausnahmen geschaffen, nur in Deutschland ist bislang nichts geregelt worden. Unterschreiben Sie die Online Petition:

https://www.openpetition.de/petition/online/aufhebung-der-eu-datenschutz-grundverordnung-dsgvo-fuer-fotografen-agenturen-kunst-presse

Kanzlei Jackwerth

Rechtsanwältin Maren Jackwerth für Erbrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Kunstrecht

www.kanzlei-jackwerth.de

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